Fernando Alonso und das wiedergefundene Glück
Fernando Alonso belebt die Formel-1-WM auch im Alter von bald 42 Jahren. Der Spanier scheint als Rennfahrer nach vielen von Nebengeräuschen begleiteten Jahren sein Glück nochmals gefunden zu haben.
Und plötzlich schwärmen sie alle von Fernando Alonso. Als Bereicherung für die Formel 1 sehen sie ihn, als Vorbild, als Referenz. Der Italiener Stefano Domenicali nennt die Art, wie der Altmeister aus Asturien an der Spitze mitmischt, «pure Magie». Der Geschäftsführer der Formel 1 muss es wissen. Als Teamchef der Scuderia Ferrari hat er mehrere Jahre mit Alonso zusammengearbeitet.
Alonso geniesst die neue Aufmerksamkeit. Fünf Podestplätze in den ersten sechs Grands Prix der Saison haben den Griesgram vertrieben, der Spanier hat die Mischung aus Gelassenheit und hochkonzentrierter Arbeit wiedergefunden. Den mürrischen Alonso gibt es nicht mehr. Er ist nahbar, sein Lächeln nicht mehr aufgesetzt. Das will was heissen bei jemandem, der mit seinen Gesichtszügen nicht selten den Eindruck erweckt hat, als würde er im Sekundentakt auf eine Zitrone beissen.
Die Unzufriedenheit streifte Alonso ab. Mit dem auf diese Saison hin vollzogenen Transfer zum Team Aston Martin fällte er im Herbst seiner Karriere einen richtigen Entscheid. Die Aussicht auf das späte sportliche Glück ist eine besondere Genugtuung für ihn, der zu oft in seiner langen Karriere zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort war, der sich mit krankhaftem Ehrgeiz und der übergrossen Gier nach Erfolg nicht selten selber im Weg stand. Mit glücklicherem Händchen bei der Wahl seiner Arbeitgeber hätte er, gemessen an seinen fahrerischen Qualitäten, durchaus mehr gewinnen können als die zwei in Diensten von Renault errungenen Weltmeistertitel und die bisher 32 Grand-Prix-Siege.
Die Fehde mit Hamilton
Den sportlichen Abstieg setzte Alonso gleich bei seiner ersten Arbeitsstelle nach dem Abgang bei Renault in Gang. Die erste Liaison mit dem Rennstall McLaren endete schon nach der ersten von (vorerst) drei geplanten Saisons. Die interne Fehde mit Lewis Hamilton, der als Rookie und Zögling des allmächtigen Ron Dennis zu den damals Silbernen gestossen war, zermürbte Alonso genauso wie die Spionage-Affäre um gestohlene Daten von Ferrari, die für das Team in einer Busse von 100 Millionen Dollar gipfelte. Alonso war die Streitigkeiten leid – umso mehr nach einer Saison-Schlussphase, in der Hamilton und er auf dümmliche Weise den Titel verspielt hatten. Lachender Dritter war Kimi Räikkönen, der im Ferrari Weltmeister wurde.
Alonso kehrte zu Renault zurück, ohne an die gloriose erste Phase der Partnerschaft mit den Franzosen anknüpfen zu können. Nach zwei Saisons zog er weiter zu Ferrari. In den fünf Jahren bei der italienischen Traditionsmarke war er zweimal nahe dran am Gewinn des dritten Titels. Mit Rückständen von vier und drei Punkten zog er gegen Sebastian Vettel den Kürzeren.
Der Hesse war damals mit vier Titelgewinnen für die erste Hochblüte des Teams Red Bull besorgt. Vettel war es auch, der vor acht Jahren in Maranello Alonsos Nachfolger wurde. Alonso verliess die Roten nach vorzeitiger Auflösung des Vertrags, der noch für zwei Jahre Gültigkeit gehabt hätte.
Trotz des gescheiterten ersten Engagements siedelte Alonso von Ferrari wieder zu McLaren um – und machte die nächsten bitteren Erfahrungen. Es war die Zeit, in der Honda als Motorenpartner ausserstande war, einen konkurrenzfähigen Antrieb zur Verfügung zu stellen. Vorab wegen ungenügender Standhaftigkeit ihres Produkts gaben sich die Japaner der Lächerlichkeit preis und trieben sie Alonso zur Weissglut. Mit zynischen Bemerkungen stellte der Spanier nicht zuletzt auch Dennis und das Team bloss.
Der erste Rücktritt
Nach vier Jahren hatte Alonso genug von McLaren und der Formel 1. Er verkündete den Rücktritt, ohne sich festzulegen, dass der Abschied Endgültiges hatte. Den Rennfahrer Alonso gab es danach weiterhin, in der nordamerikanischen Indy-Car-Serie mit dem 500-Meilen-Klassiker in Indianapolis etwa oder in der Langstrecken-Weltmeisterschaft, in der er vor vier Jahren an der Seite des Waadtländers Sébastien Buemi und des Japaners Kazuki Nakajima in einem Toyota den Titel gewann, oder sogar im Rallye Dakar.
Die Faszination Formel 1 liess Alonso trotz den Einsätzen auf anderer Ebene nie los. 2021 war sie wieder jene Rennserie, die ihm die perfekte Bühne bot. Im Alter von gut 39 Jahren meldete er sich zum dritten Mal beim Automobil-Hersteller Renault zum Dienst, dessen Formel-1-Team mittlerweile unter Alpine firmiert. Im Gegensatz zum Namen änderte sich an den sportlichen Perspektiven nichts. Über die Rolle des Mitfahrers kam Alonso nicht hinaus.
Zweifel und Verwunderung begleiteten Alonso auch bei seinem Umzug zum Team Aston Martin. Die Skepsis war von kurzer Dauer. Bewunderung und Schwärmerei setzten schon nach dem Saisonauftakt in Bahrain ein.