Inter gegen Milan ist mehr als nur ein Derby
Milan ist vor dem Halbfinal-Rückspiel der Champions League ins Taumeln geraten. Der Zwei-Tore-Rückstand auf Stadtrivale Inter muss aufgeholt werden - es steht aber scheinbar noch mehr auf dem Spiel.
Die Tifosi der Rossoneri fühlten, dass es an der Zeit war, sich Gehör zu verschaffen. 0:2 verlor Milan am Samstag bei Spezia und zeigte somit eine missglückte Hauptprobe für das Rückspiel des Halbfinals in der Champions League. Am Sonntag standen Hunderte von Fans mit Fahnen und Bannern vor Milanello, dem Trainingszentrum des Vereins, und zeigten ihre Unterstützung vor einem der wichtigsten Spiele der ganzen Saison.
Am Samstag waren alle Spieler und ihr Trainer Stefano Pioli unmittelbar nach dem verlorenen Spiel in Ligurien zu den Fans gegangen und hatten mehrere Minuten am unteren Ende der Tribüne verbracht, um der Worte eines Milan-Ultras zu lauschen.
Leão-Einsatz unsicher
Innerhalb von vier Tagen und zwei Niederlagen ist der Final in Istanbul in weite Ferne gerückt, nach der verdienten Niederlage im Hinspiel gegen Inter (0:2), aber auch die Chance, die Saison in der Serie A unter den ersten vier zu beenden: Der italienische Meister von 2022 liegt drei Spieltage vor Schluss auf Platz 5, mit vier Punkten Rückstand auf Lazio (4.). «Milan droht die Hölle», schrieb die «Gazzetta dello Sport» am Montag.
Die Rossoneri gewannen nur eines ihrer letzten fünf Spiele in allen Wettbewerben und wirkten vor allem kurzatmig. Die Stammspieler erhielten nur wenig Verschnaufpausen, die Ersatzleute liefen teils den Ansprüchen hinterher. «Für Milan geht es um alles», titelte die «Gazzetta». Das gilt nicht nur für das Derby am Dienstag. Durch die jüngsten Patzer in der Serie A ist die kommende Europacup-Saison in Gefahr – und Trainer Pioli könnte um seinen Job fürchten müssen.
Medien zufolge könnte möglicherweise gar Paolo Maldini als Technischer Direktor ausgetauscht werden, eine Vereinslegende, die unter anderem fünfmal die Champions League gewonnen hat. Für Milan steht viel auf dem Spiel.
Die Hoffnung auf eine Wende in der Königsklasse ruht vorab auf einem Namen: Rafael Leão. Der Portugiese, der im Hinspiel aufgrund von Beschwerden im rechten Oberschenkel fehlte, trainierte am Sonntag mit der Mannschaft, ein Einsatz ist aber noch nicht sicher.
Lukaku mit Selbstvertrauen
Auf der anderen Seite mussten die Fans von Inter keine Krisengespräche einberufen, da die Stimmung seit einem Monat sehr gut ist: Die Nerazzurri haben sich in der Liga erholt und sind nach fünf Siegen in Serie auf Rang 3 vorgerückt. Am 24. Mai steht der Final im Cup gegen Fiorentina an – und eben, die Chance auf den vierten Triumph in der Champions League lebt. «Das ist eines der wichtigsten Spiele in der mehr als 100-jährigen Geschichte Inters», unterstrich der Trainer Simone Inzaghi. «Es fehlen noch 90 Minuten plus Nachspielzeit für unseren Traum.»
Im Gegensatz zu seinem Rivalen aus Mailand schien Inter noch nie so gut in Form, schoss im Schnitt drei Tore pro Spiel. Romelu Lukaku, der seine körperlichen Probleme überwunden zu haben scheint, die seinen Saisonstart gestört hatten, hat natürlich auch seinen Teil dazu beigetragen: Der Belgier hat sein Selbstvertrauen vor dem Tor wiedergefunden (sieben Tore seit Anfang April), auch wenn er wie im Hinspiel am Dienstag auf der Ersatzbank sitzen wird.
Inter wird versuchen, seinen Vorteil aus dem Hinspiel zu verwalten, wie es im Achtelfinal gegen Porto (1:0, 0:0) und im Viertelfinal gegen Benfica Lissabon (2:0, 3:3) sehr gut gelungen ist.
Das Ziel ist der erste Finaleinzug seit 2010, als Inter unter Jose Mourinho bisher letztmals die Champions League gewann.