Der Reifeprozess könnte den FC Basel bis nach Prag führen
Der FC Basel reist am Freitagmittag als Gewinner aus Florenz ab. Der neuerliche Coup lässt den Traum vom Final-Einzug weiter aufleben.
Manchmal ist es eine lästige Pflichtaufgabe für Fussball-Trainer, sich nach einer Partie den Fragen der Medienschaffenden stellen zu müssen. Doch diesmal erledigt sie Heiko Vogel noch so gern.
Es ist zwei Minuten nach Mitternacht, als der FCB-Trainer zwischen abfahrtsbereiten Mannschaftsbussen und Carabinieri im Untergrund des Stadio Artemio Franchi von Florenz vor den Schweizer Medienvertretern steht. Eigentlich wäre der Gang durch die Mixed Zone von der UEFA nicht vorgeschrieben, doch eben, Vogel macht ihn mit Vergnügen.
Weil er erzählen kann, wie «unglaublich stolz» er auf seine Mannschaft sei nach diesem 2:1 gegen Fiorentina. Weil der Matchplan, welcher der 47-Jährige seinen Spielern auf den Weg gegeben hatte, kaum besser hätte aufgehen können. Und weil der FCB nun mit einem Vorsprung ins Halbfinal-Rückspiel der Conference League steigt.
Vogels Anweisung
Ein Wort fällt in den Analysen der Protagonisten immer wieder, wenn sie den unerwarteten Coup gegen die favorisierten Italiener Revue passieren lassen: Mut. Es war augenscheinlich, dass sich die Basler mehr zutrauten, je weiter die Partie vor 34’276 Tifosi fortgeschritten war. Das Paradebeispiel dieser mutigen Ausrichtung liefert Trainer Vogel: In der Schlussphase habe ihn Captain Taulant Xhaka gefragt, ob versucht werden soll, das 1:1 über die Zeit zu bringen.
Der Deutsche verneinte und gab die Anweisung, das zweite Tor zu suchen. Wenig später traf Zeki Amdouni. «Dass die Jungs es dann so gemacht haben – grosses Kompliment, unfassbar», meint Vogel. Ehe er gewissenhaft nachschiebt: «Aber wir müssen demütig und ruhig bleiben. Wir haben erst einen von zwei Schritten genommen.»
Diouf war omnipräsent
Obwohl die Basler vorab im Kollektiv überzeugten, ragte am Donnerstagabend doch einer heraus: Andy Diouf. Der 19-jährige Franzose, der vor einer Woche für über fünf Millionen Franken fix von Rennes verpflichtet werden konnte, war omnipräsent, lauffreudig und torgefährlich. Einen Abschluss konnte Fiorentina-Goalie Pietro Terracciano in der ersten Halbzeit parieren, bei Dioufs platziertem Schuss in der 71. Minute war er indes machtlos.
Diouf stellte einmal mehr sein grosses Potenzial zur Schau, als er vor seinem dritten Treffer in der diesjährigen Conference League übers halbe Feld gerannt war und dank seiner Schnelligkeit mehrere Gegenspieler hatte aussteigen lassen.
Hitz’ Erinnerungen
Insofern überrascht nicht, dass Diouf um eine Einschätzung gebeten wird, ob diese Partie gegen Fiorentina denn die beste seines Lebens gewesen sei. «Ich konnte Entscheidendes zum Sieg beitragen, aber nein, ich denke nicht, dass es mein bestes Spiel war», antwortet er und entzieht sich einer Einordnung. Coach Vogel sieht Diouf aber als Symbol für die Entwicklung der gesamten Mannschaft. «Er zeigt, dass wir als Team einen Reifeprozess durchgemacht haben.»
Goalie Marwin Hitz hat ähnliche Beobachtungen gemacht und umschreibt diesen Umstand so: «Wenn man sieht, wie wir uns in der Qualifikation zum Teil schwergetan haben, war nicht vorhersehbar, dass wir jetzt im Halbfinal noch dabei sind und sehr reelle Chancen haben, uns für den Final zu qualifizieren.»
Spagat zwischen Liga-Alltag und Conference League
Die Basler Spieler geben sich Mühe, den Traum vom Final in Prag am 7. Juni gedanklich nach hinten zu schieben. Gewissenhaft erwähnen sie die Wichtigkeit der nächsten Aufgabe in der Super League am Sonntag in St. Gallen. Der Spagat zwischen Liga-Alltag und Conference League ist dem FCB aber mit einigen schwachen Auftritten in der Meisterschaft nur selten geglückt.
Mit der Aussicht, als erster Schweizer Klub in den Final eines europäischen Wettbewerbs einziehen zu können, dürfte dieser Fokus noch etwas schwieriger zu finden sein. Für Andy Diouf ist jedenfalls klar: «Jetzt wollen wir Geschichte schreiben.»