Das Ziel heisst nicht mehr Viertelfinal
Die Schweizer Eishockey-Nationalmannschaft kennt an der WM in Riga nur ein Ziel. Sie will endlich wieder einmal die Viertelfinals überstehen. Die Mischung könnte stimmen.
Die Schweizer Eishockey-Nationalmannschaft kennt an der WM in Riga nur ein Ziel. Sie will endlich wieder einmal die Viertelfinals überstehen. Die Mischung könnte stimmen.
«Die Spieler kommen nicht mehr für einen Viertelfinal» lautet die Losung rund um das Nationalteam. Oder anders gesagt: Die Viertelfinals sind nicht mehr wie früher ein Ziel, sondern gelten als Selbstverständlichkeit. Die Resultate der jüngeren Vergangenheit bestätigen dies. Seit sechs Jahren und einem 3:4 nach Penaltyschiessen in Paris gegen Frankreich hat die Schweiz, aktuell die Nummer 7 der Weltrangliste, in der WM-Vorrunde nicht mehr gegen ein schlechter klassiertes Team verloren. Mit dem Wegfall des ausgeschlossenen Russland fällt zudem ein normalerweise fixer Viertelfinalist weg.
Die Kehrseite dieser erfreulichen Bilanz: Seit dem Gewinn der Silbermedaille 2018 ist die Schweiz auch nie mehr über die Viertelfinals hinausgekommen. Bei den letzten drei Austragungen war das Ausscheiden bitter. 2019 fehlten gegen Kanada 0,4 Sekunden zum Triumph. 2021 – nach der ebenso frustrierenden Absage der Heim-WM wegen Corona – kassierten die Schweizer gegen den Underdog Deutschland den Ausgleich 43 Sekunden vor Schluss und verloren im Penaltyschiessen. Und vor einem Jahr scheiterten sie nach einer grandiosen Vorrunde mit sieben Siegen sang- und kraftlos an den USA (0:3).
Start gegen die kleinen Teams
Als Lehre aus diesen unerfreulichen Erlebnissen beschlossen Coach Patrick Fischer und sein Trainerteam eine Anpassung der Strategie. Neu gilt der Fokus der zweiten Turnierwoche mit den K.o.-Spielen. Die Vorrunde ist – wie bei den grossen Nationen seit Langem üblich – sozusagen nur noch der Aufgalopp für die entscheidende Phase. Dafür spricht auch der Auftakt mit den Aussenseitern Slowenien (am Samstag), Norwegen (am Sonntag) und Kasachstan (am Dienstag) als erste drei Gegner. Die budgetierten neun Punkte sollen eingefahren werden, ohne die Kräfte zu sehr forcieren zu müssen. «Der Kalender spielt uns in die Karten», ist Fischer überzeugt.
Er geht deshalb das kalkulierte Risiko ein, mit einem reduzierten Kader ins Turnier zu starten und noch nicht alle 25 nach Riga gereisten Spieler zu melden. Damit hält er sich die Option offen, sein Team in der kommenden Woche noch zu verstärken, falls die Los Angeles Kings den Offensivkünstler Kevin Fiala doch noch freigeben oder die New Jersey Devils in den NHL-Playoffs ausscheiden. Angesichts des 1:3-Rückstands von New Jersey stehen die Chancen gut, dass die Leistungsträger Nico Hischier, Jonas Siegenthaler und Akira Schmid verfügbar werden. Den Willen zur WM-Teilnahme haben sie klar signalisiert.
Routiniers und NHL-Schwung
Es wären nochmal deutliche Verstärkungen, die für den Unterschied zwischen einem neuerlichen Viertelfinal-Out und dem Griff nach der dritten Medaille der Neuzeit sorgen könnten. Die Mischung ist viel versprechend. Das Schweizer Team verfügt mit Spielern wie dem Weltrekordhalter Andres Ambühl (18. WM) oder Goalie Leonardo Genoni über viel Routine, mit den NHL-Verteidigern Janis Moser und Tim Berni aber auch über jüngere Kräfte.
Mit zwischen vier und potenziell acht Spielern aus der besten Liga der Welt ist das Team von Fischer gut aufgestellt. Der 23-jährige ehemalige Dübendorfer Berni ist einer von vier WM-Neulingen – neben dem Goalie Joren van Pottelberghe und den Stürmern Mike Künzle und Sven Senteler.
Dass sie auch mit dem bestehenden Kader konkurrenzfähig sind, stellten die Schweizer am Wochenende in Brünn mit den Siegen gegen den Weltmeister und Olympiasieger Finnland (2:1) und Tschechien (3:2) unter Beweis. Auf die Tschechen trifft die Schweiz auch an der WM im zweitletzten Gruppenspiel wieder. Auf der Euro Hockey Tour gewannen die Schweizer gegen die Tschechen zwei von vier Partien.
Olympia-Qualifikation früh klarmachen
Die Schweizer wollen also wieder einmal in den Kampf um die Medaillen eingreifen. Da sollte ein zweites Ziel nur eine Formsache sein. In Riga und Tampere, wohin sie je nach Konstellation nach der Gruppenphase für die Viertel- oder erst die Halbfinals dislozieren würden, werden auch Plätze für die Olympischen Spiele 2026 in Italien vergeben. Wer nach der WM nicht zu den Top 8 der Weltrangliste gehört, muss im nächsten Jahr ein Qualifikationsturnier bestreiten. Direkt hinter der auf Platz 7 liegenden Schweiz lauern die Slowakei, Deutschland und Dänemark.