Eine Heim-WM mit geringem Heimvorteil
Brigitte Grüniger Huber hält als OK-Chefin der OL WM 2023 vom 11. bis 16. Juli in Flims Laax die Fäden in der Hand. Die Aargauerin steht zwei Monate vor den Titelkämpfen Red und Antwort.
Brigitte Grüniger Huber hält als OK-Chefin der OL WM 2023 vom 11. bis 16. Juli in Flims Laax die Fäden in der Hand. Die Aargauerin steht zwei Monate vor den Titelkämpfen Red und Antwort.
Brigitte Grüniger Huber, Sport-Grossanlässe im eigenen Land sollen immer auch einen Innovationsschub auslösen. Ist dies im Orientierungslauf auch der Fall?
«Ja, wir haben das Nachwuchsprojekt »ScoOL.ch« in den Schulen vorangetrieben oder in die Digitalisierung investiert. Und im Elite-Kader ist ein Motivationsschub zu spüren, der unserer Sportart gut tut.»
Den Weg zum breiten Publikum ebnen primär die Medaillen. Wird die Schweizer Equipe den Heimvorteil nutzen und die Titelkämpfe als Nummer-1-Nation abschliessen?
«Da haben wir unserer Mannschaft keinen grossen Dienst erwiesen. Ausgerechnet in Flims kann man nicht von einem Heimvorteil sprechen.»
Sie spielen auf das Gelände um den Caumasee an, das auch als Mekka des OL-Sports bezeichnet wird. Was macht diesen Wald so speziell?
«Ein Bergsturz vor rund 10’000 Jahren schuf im Flimserwald ein einmaliges OL-Gelände. Es gibt unzählige Felsformationen, Senken, Hügel – ein total unlogisches Gelände, in dem man sich schnell verirren kann.»
Die Schweizer Equipe würde wohl lieber in einem Wald im Mittelland laufen: Technisch etwas weniger anspruchsvoll, dafür dank der vielen Wege ein Wettkampf in hohem Tempo.
«Nicht unbedingt. Das alpine Gelände oder die Höhenlage kennen wir besser als die Skandinavier.»
Sind die Hierarchien im OL-Sport immer noch dieselben: Dreimal Skandinavien gegen die Schweiz, Frankreich, allenfalls Tschechien – Russland ist ja ausgeschlossen?
«Im Wald schon. Im urbanen Gelände hingegen tauchen neue Nationen auf. Grossbritannien oder die Niederlande sind nun an Titelkämpfen auch auf dem Podest vertreten.»
Viele Aktive bedauern, dass die OL-WM vor ein paar Jahren in eine Wald-WM und eine Sprint-WM im urbanen Gelände gesplittet wurde. Sie auch?
«Als Veranstalter einer reinen Wald-WM nicht, denn es ist es klar einfacher geworden: Man muss keine Strassen sperren oder viel weniger Bewilligungen einholen. Obwohl nur noch drei Disziplinen (Lang- und Mitteldistanz sowie Staffel – Red.) anstehen, lässt sich ein attraktiver Event auf die Beine stellen.»
Eine WM im Wald scheint für das Publikum aber auf den ersten Blick weniger attraktiv zu sein als Sprint-Events in der Stadt.
«Allein für die TV-Übertragung werden 20 Kameras Bilder liefern, die auch ins Zielgelände auf einer Grossleinwand übertragen werden. Speaker stehen im Einsatz oder die Aktiven können per GPS-Tracking auf dem Handy verfolgt werden. Im Zielraum ist etwas los. Wie bei einem Bike- oder Langlaufrennen auch.»
Das Budget umfasst drei Millionen Franken. Das tönt nach viel Ehrenamt.
«Ja, das ist so. Die Corona-Pandemie und die gedämpften Stimmung in Wirtschaftskreisen machte es zusätzlich schwierig, Sponsoren zu finden.»
Vor 20 Jahren war an der WM in Rapperswil-Jona 2003 der Stern von Simone Niggli-Luder aufgegangen. Sie hatte in den Jahren danach den Weg fürs Profitum im OL-Sport geebnet. Ist das Profitum im Schweizer Team zum Standard geworden?
«Nein. Mehr als die Hälfte des Schweizer Kaders arbeitet noch Teilzeit oder studiert. Aber die Sportart entwickelte sich gleichwohl: Physisch, mental, Kartentechnik – das Niveau ist gestiegen.»