Der Leichtathletik-Boom bringt Freude und verschafft Arbeit
Erfolg ehrt und verpflichtet. Swiss Athletics steht in den Boom-Jahren vor neuen Herausforderungen.
Erfolg ehrt und verpflichtet. Swiss Athletics steht in den Boom-Jahren vor neuen Herausforderungen.
Swiss Starters Future heisst das Kader, in dem im Jungendalter jene Nachwuchskräfte erstmals gebündelt werden, die eine Perspektive zur Teilnahme an einer U20-EM aufweisen. 2015 umfasste diese Stufe 55 Namen, deren 166 sind es 2023. Rund dreimal mehr bei gleichbleibenden Anforderungen.
Den Boom haben die zahlreichen Nachwuchsprojekte von Swiss Athletics, die Arbeit in den Vereinen oder die Aktivitäten der Diamond-League-Meetings Weltklasse Zürich und Athletissima ausgelöst. Und die Früchte dieser Arbeit lassen sich seit mehreren Jahren in der Elite-Kategorie ablesen: Schweizer Medaillen sind am Grossanlass die Regel und nicht mehr die Ausnahme.
«Der Erfolg macht uns zur Baustelle», meint Markus Lehmann, Geschäftsführer bei Swiss Athletics. « Wir müssen investieren, uns weiter entwickeln. Wir dürfen nicht nachlässig werden.» Der ehemalige Geschäftsführer der Lauberhornrennen in Wengen weiss auch, wo er im übertragenen Sinn die Bagger auffahren will: «In der Spitze professionalisieren und die Basis stärken.»
Die Professionalisierung versteht er im eigentlichen Sinn des Worts: mehr Angestellte. Für die Kader müssten noch mehr bezahlte Trainerinnen und Trainer flexibel zur Verfügung stehen. An der Basis bei den Vereinen hingegen könne Swiss Athletics das Ehrenamt nicht ersetzen. «Aber wir vermitteln Wissen, bieten Hilfe bei der Digitalisierung an, unterstützen, wo wir können, geben Wertschätzung.»
Wichtig ist für Lehmann auch die Partnerschaft mit den «Leuchtturm-Events». Weltklasse Zürich oder Athletissima stemmen in Sachen Infrastruktur wichtige Projekte: Beim Letzigrund soll eine Trainingshalle entstehen, in Lausanne wird der Bau eines neuen Stadions vorangetrieben.
Neue Generation wächst mit Medaillen auf
Philipp Bandi, als Langstreckenläufer einst Olympia-Teilnehmer 2008 in Peking und jetzt Chef Leistungssport bei Swiss Athletics, erlebt im Umfeld der Nachwuchskräfte eine Eigendynamik, die seiner Generation fehlte. «Die Jungen wachsen heute mit Medaillen auf. Das motiviert, das fördert den Nachahmerffekt, das hilft, professioneller zu werden», betont der Berner. «Die Dichte verstärkt den Boom.»
Die rapide gestiegene Grösse der Kader erfordert nicht nur mehr Trainer. So hat Swiss Athletics auch einen Sportwissenschaftler angestellt, der primär den Know-how-Transfer zwischen all den Zellen und Leistungszentren sicherstellt. Oder eine andere Person kümmert sich darum, die Schweizer Elite möglichst oft in Starterfeldern von internationalen Events unterzubringen. Ein wichtiger Aspekt, auch mit Blick auf die Olympischen Spiele in Paris. Besser besetzte Meetings ergeben mehr Punkte für die Weltrangliste, nach der ein Grossteil der Startplätze an globalen Titelkämpfen vergeben wird.
Kompromisslos
«Wir spüren, dass immer mehr Athletinnen und Athleten bereit sind, auf die Karte Sport zu setzen», nennt Karin Schnüriger, Chefin Nachwuchs und Ausbildung, einen weiteren Grund für die Hausse. Wer den Durchbruch letztlich schaffen werde, lasse sich im Swiss- Future-Alter aber noch schwer abschätzen.
Für Bandi steht zwischen den Junioren-Kategorien und der Elite eine sehr hohe Hürde. An diesem Hindernis entscheide sich, ob der Sprung zu den Grossen gelingt. Der Verband nehme deshalb für die Nachwuchs-Meisterschaften viel Geld in die Hand, «damit wir Chancen kreieren.»
Erfolg kostet
«Die Finanzen sind immer ein Thema», meint Lehmann mit Blick auf all die Fördermassnahmen. Der Erfolg kostet. «Wird sind finanziell nicht schlecht aufgestellt, wir treiben die Vermarktung weiter voran», hält er fest. Geld aber ersetzt seiner Meinung nach nicht die Wertschätzung, die es dem Ehrenamt entgegen zu bringen gilt: «Auch die Stars der Zukunft werden in den Vereinen geformt. Bei den Helden an der Basis, die uns den Boom beschert haben.»