Die Überraschung aus dem Norden
Nach dem sensationellen Meistertitel des OSC Lille vor zwei Jahren wird Paris Saint-Germain erneut von einem nordfranzösischen Team bedrängt. In dieser Saison sorgt der RC Lens für Furore.
Nach dem sensationellen Meistertitel des OSC Lille vor zwei Jahren wird Paris Saint-Germain erneut von einem nordfranzösischen Team bedrängt. In dieser Saison sorgt der RC Lens für Furore.
Etwas mehr als 32’000 Einwohner hat die Stadt Lens. Der Zuschauerschnitt des ansässigen Fussballklubs liegt in dieser Saison derweil bei knapp 38’000 – alle der bisher 15 Liga-Spiele waren ausverkauft. Werte, die zeigen, dass beim Racing Club de Lens gerade etwas Spezielles geschieht.
Mit begrenzten Mitteln wurde ein Team zusammengestellt, das in dieser Saison erst drei Niederlagen hat hinnehmen müssen. Dank 63 Punkten aus 30 Partien belegt Lens den 2. Platz in der Ligue 1 und ist damit der erste Verfolger des grossen Paris Saint-Germain. Sechs Punkte fehlen auf den Millionen-Klub aus der Hauptstadt. Den Rückstand könnte das Überraschungsteam am Samstag mit einem Auswärtssieg im Prinzenpark halbieren.
Völlig unrealistisch scheint das Vorhaben nicht. Am 1. Januar fügte Lens dem PSG die damals erste Saisonniederlage zu. Prominenter Abwesender war Lionel Messi, der nach dem Weltmeistertitel noch nicht zum Team zurückgekehrt war. Doch auch mit dem Argentinier schwächelte Paris zuletzt. Die letzten zwei Heimspiele gegen Rennes und gegen Lyon gingen 0:2 respektive 0:1 verloren.
Beste Defensive der Liga
Während die Stars aus Paris seltener harmonieren, überzeugt bei Lens ein Kollektiv von eher unbekannten Spielern. Captain ist der Ivorer Seko Fofana, der nach erfolgreichen Jahren bei Udinese seit 2020 für Lens aufläuft. Der 27-Jährige ist praktisch überall auf dem Platz anzutreffen und führt das Team entschlossen an.
Wichtige Zuzüge auf diese Saison hin waren Torhüter Brice Samba und Stürmer Loïs Openda. Samba entschied sich nach dem Aufstieg mit Nottingham Forest gegen die Premier League. Auch dank ihm verfügt Lens mit nur 22 Gegentreffern über die stärkste Defensive in der Liga. Im Sturm wirbelt der erst 23-jährige Openda. Der Belgier, der davor als Leihspieler für Vitesse Arnhem im Einsatz war, steht derzeit bei 15 Treffern und liegt damit in der Torschützenliste zwar hinter Mbappé (19), dafür vor Messi (14).
Trainer erst ohne Diplom
Franck Haise war erst Trainer der B-Mannschaft und wurde kurz vor der Corona-Pandemie in die erste Mannschaft befördert, die damals noch in der zweiten Liga spielte. Trotz Saisonabbruch stieg das zweitplatzierte Lens auf, worauf Haise erst noch die erforderliche Ligue-1-Lizenz erwerben musste.
Unter Haise, der am Samstag seinen 52. Geburtstag feiert, klassierte sich das Team zweimal in Serie auf dem 7. Platz. Nun dürfte den «Sang et Or», sollte der ganz grosse Coup ausbleiben (es wäre der zweite Meistertitel nach 1998), zumindest der Vorstoss ins europäische Geschäft gelingen.
Allerdings sind in den letzten acht Runden noch einige Hürden zu überstehen. Nach dem Duell mit PSG folgen für Lens die wichtigen Heimspiele gegen Monaco und Marseille, die in der Tabelle die Ränge 3 und 4 belegen. Der Trainer weiss deshalb: «Wir müssen bis zum Schluss stets eine nahezu hundertprozentige Leistung abrufen. Ein Nachlassen können wir uns nicht leisten.»