Nationalteam mit neuer Selbstverständlichkeit
Lange wurde der Schweiz nachgesagt, sie habe Mühe mit der Rolle des Favoriten. Inzwischen gibt sie jedoch kaum noch Punkte gegen «kleine» Fussball-Nationen ab.
Lange wurde der Schweiz nachgesagt, sie habe Mühe mit der Rolle des Favoriten. Inzwischen gibt sie jedoch kaum noch Punkte gegen «kleine» Fussball-Nationen ab.
Die Starthürde in der EM-Qualifikation war mit Belarus keine hohe. Das Team, in dem nicht die besten Fussballer des Landes spielen, sondern jene, die vom autokratischen Staatschef geduldet werden, war der Schweiz in allen Belangen unterlegen. Ein historischer Hattrick von Renato Steffen – drei Tore ohne Unterbruch und in einer Halbzeit gab es im Nationalteam zuletzt 1960 – sowie je ein Treffer durch Granit Xhaka und Zeki Amdouni sorgten für den perfekten Auftakt auf dem Weg zur EM 2024 in Deutschland.
«Wir benötigten am Anfang etwas Glück beim Lattenschuss gegen uns. Danach bekamen wir das Spiel aber schnell in den Griff, haben fünf Tore erzielt und keines erhalten. Wir haben die Aufgabe erledigt», fasste es Manuel Akanji am Tag danach in gegebener Kürze zusammen.
Fokus aufs Sportliche
Potenzielle Stolperfallen umging das Team gekonnt. Eine davon war die spezielle Reise nach Novi Sad, wo Belarus wegen UEFA-Sanktionen seit letztem Jahr seine Heimspiele austrägt. Dass die Partie ausgerechnet in Serbien stattfindet, war im Vorfeld ein Thema, weil das Schweizer Nationalteam an den letzten Weltmeisterschaften emotional aufgeladene Begegnungen mit den Serben hatte.
Mittendrin war beide Male Granit Xhaka, der aufgrund seiner kosovarisch-albanischen Wurzeln mit Provokationen eingedeckt wurde. Der Schweizer Captain, der sonst kaum ein Blatt vor den Mund nimmt, zog sich vor dieser Auswärtsreise komplett zurück und gab keine Interviews – gemäss Verantwortlichen des Schweizerischen Fussballverbands auf eigenen Wunsch. Damit sorgte er dafür, dass der Fokus auf dem Wesentlichen blieb, der sportlichen Aufgabe. Diese wurde einmal mehr erfüllt.
Mit neuer Selbstverständlichkeit
Diese Beständigkeit in Pflichtspielen ist eine wertvolle Qualität des Teams, das zwar nicht immer überzeugend auftritt, die Punkte jedoch holt. Das letzte Mal, als die Schweiz gegen ein nominell schwächeres Team verlor, war beim 1:2 gegen Tschechien in der Nations League. Bei der letzten WM-Qualifikation blieb die Nationalmannschaft sogar ohne Niederlage. Neben den beiden Unentschieden gegen Italien musste sie sich auswärts in Nordirland mit einem 0:0 begnügen. Das Heimspiel gewann die Schweiz dann ebenso wie die beiden Duelle gegen Litauen und Bulgarien.
Auch dank diesen konstanten Leistungen hatte es die Schweiz bei der Gruppen-Auslosung der EM-Qualifikation in den ersten Topf geschafft. Dies wiederum hat zur Folge, dass sie in der Gruppe mit Israel, Rumänien, Kosovo, Andorra und Belarus in jedem Spiel Favorit ist. «Diese Rolle kennen wir inzwischen», sagte Akanji. «Wir nehmen jede Partie ernst und streben immer die drei Punkte an.»
UEFA berät über Ausschluss
Ob sie die Zähler aus dem Spiel gegen Belarus behalten, ist indes offen. Am Tag des Spiels wurde bekannt, dass Russland Atomwaffen in Belarus stationieren wird. Eine weitere Eskalationsstufe, die auch die UEFA kaum ignorieren dürfte. Am 4. April ist eine Sitzung des Exekutivkomitees angesetzt. Nach Druck aus dem EU-Parlament steht auch der Ausschluss des belarussischen Nationalteams auf der Traktandenliste.
Sollte die UEFA-Führung um Präsident Aleksander Ceferin Belarus doch noch ausschliessen, verkäme der 5:0-Erfolg zur Makulatur. Möglich, dass in diesem Fall alle Partien von Belarus als 0:0 und mit null Punkten gewertet würden.
Am Dienstag gegen Israel
Das Schweizer Nationalteam muss sich jedoch nicht um diese Spekulationen kümmern. Es hat die Auftakthürde problemlos gemeistert und nach dem zuletzt bitteren WM-Aus gegen Portugal (1:6 im Achtelfinal) Selbstvertrauen für die kommenden Aufgaben getankt. Diese dürften schwieriger werden als in Novi Sad.
Am Dienstag (20.45 Uhr) kommt es in Genf zum Aufeinandertreffen mit Israel. Das Team, das bei der Auslosung im Topf 2 war, hat seit sechs Pflichtspielen nicht mehr verloren. Mit den Färöer, zweimal Island und Albanien sowie zuletzt Kosovo (1:1) waren die Gegner allerdings auch nicht von überragender Qualität. Alles andere als ein weiterer Sieg wäre für die Schweizer eine Enttäuschung.