Ein Eishockey-Verrückter im positiven Sinn
Die Rapperswil-Jona Lakers verblüffen auch in dieser Saison. Grossen Anteil an der erstaunlichen Entwicklung hat Sportchef Janick Steinmann. Was zeichnet ihn aus?
Die Rapperswil-Jona Lakers verblüffen auch in dieser Saison. Grossen Anteil an der erstaunlichen Entwicklung hat Sportchef Janick Steinmann. Was zeichnet ihn aus?
Steinmann ist ein Eishockey-Verrückter im positiven Sinn. Wenn man mit dem 36-Jährigen spricht, ist sofort dessen Leidenschaft für diesen Sport zu spüren. Er ist jemand, für den es keinen Stillstand gibt, der sich stets verbessern möchte. Deshalb inspirieren ihn erfolgreiche Persönlichkeiten, liest er zahlreiche Biografien.
Am Unternehmer und Milliardär Elon Musk beispielsweise fasziniert ihn, wie dieser an seinem Weg festhält, dass er versucht, ausserhalb der Box zu denken. «Es reizt mich, das Beste aus den gegebenen Möglichkeiten zu machen und dann noch besser und besser zu werden», sagt Steinmann im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Enorme Akribie
Von daher überlässt er bei einer Verpflichtung eines Spielers so wenig wie möglich dem Zufall. Er hat sich ein immenses Beziehungsnetz aufgebaut, um die notwendigen Informationen zu erhalten. Mindestens so wichtig wie die Fähigkeit auf dem Eis ist für Steinmann die Persönlichkeit eines Spielers: Ist er ein bodenständiger Teamplayer, hat er den nötigen Biss, um aus seinen Möglichkeiten das Beste herauszuholen, wie verhält er sich in der Garderobe? «Ich investiere extrem viel, um all das herauszufinden», sagt Steinmann.
Dabei profitiert er auch von den gemachten Erfahrungen als Spieler. Die Karriere begann er beim EV Zug. Als Kind war er in jeder freien Minute auf dem Eis. «Meine Lehrer waren regelmässig hässig auf mich, obwohl ich kein schlechter Schüler war», erzählt Steinmann. «Hausaufgaben regten mich immer auf, ich hatte nur Eishockey im Kopf, was sich bis heute nicht geändert hat.»
Frühes Karriereende
Beim EVZ debütierte er auch in der höchsten Liga. Später spielte Steinmann für Davos, Kloten und Lugano. Mit dem HCD gewann er 2011 den Meistertitel. Seine letzte Partie bestritt er am 17. Oktober 2015 im Alter von 28 Jahren, mehrere Hirnerschütterungen zwangen ihn aufzuhören. Die folgenden eineinhalb Jahre bezeichnet Steinmann als «eine der schwierigsten, wenn nicht die schwierigste Zeit in meinem Leben.» Denn privat sei ebenfalls nicht alles wunschgemäss gelaufen.
An den Folgen der Hirnerschütterungen leidet Steinmann nach wie vor: «Es gibt definitiv kognitive Fähigkeiten, die gelitten haben.» So braucht er während dem Tag eine gewisse Abwechslung, kann er nicht stundenlang vor dem Computer sitzen. Jedoch war für ihn klar, weiter im Eishockey tätig sein zu wollen. Deshalb rief er nach dem Ende der Karriere den heutigen EVZ-CEO Patrick Lengwiler an. «Ich hatte Glück, dass mich die Zuger mit offenen Armen empfingen. Ich durfte (Sportchef) Reto Kläy über die Schulter schauen und im Scouting arbeiten», sagt Steinmann. Zudem war er Trainerassistent im Swiss-League-Team.
Mutiger Entscheid
Sein aktuelles Amt bei den Lakers übt er seit der Saison 2019/20 aus. Auffallend ist, wie vielen jungen Talenten er eine Chance gegeben hat, was nicht nur auf das begrenzte Budget zurückzuführen ist. «Ich glaube an einen guten Mix. Junge Spieler sind hungrig und machen so eine Mannschaft besser. Aber natürlich müsse er wegen des Budgets zwischendurch mutig sein.»
Apropos mutig. Mutig war auch die Ersetzung von Erfolgstrainer Jeff Tomlinson durch Stefan Hedlund nach der Saison 2020/21. Ersterer hatte die Lakers 2018 zurück in die oberste Liga und 2021 in die Playoff-Halbfinals geführt. Dementsprechend beliebt war Tomlinson bei den Fans. «Das war definitiv mein schwierigster Entscheid – wegen des Respekts gegenüber Jeff», sagt Steinmann.
Zu diesem Schritt entschloss er sich nach einer tiefgründigen Analyse. «Er war nötig, um uns weiterentwickeln zu können.» Hedlund kannte Steinmann aus seiner Zeit bei Zug, er war in der Saison 2017/18 dessen Assistent bei der EVZ Academy. «Von daher wusste ich, dass er ein exzellenter Trainer ist», sagt Steinmann und betont: «Ich treffe einen Entscheid nie für mich, sondern für den Klub. Es ist mein Job, das beste Produkt aufs Eis zu bringen.» Aber natürlich gebe es nie eine Garantie, dass es dermassen gut herauskomme.
Kritik ja, Lob naja
Ohnehin gehört es für Steinmann zu seinem Job, ein dickes Fell zu haben. Kritik macht ihm nichts aus, im Gegenteil, sie animiert ihn, sich zu hinterfragen, daraus zu lernen. «Deshalb habe ich null Probleme mit Kritik.» Lob hingegen bedeutet ihm nicht viel, «da es mich nicht weiterbringt. Ein solches bestätigt etwas, das war.»
Abschalten kann er nun deutlich besser: «Als Spieler habe ich mich noch mehr unter Druck gesetzt. Nun habe ich eine bessere Balance. Seit ich Sportchef bin, schlafe ich extrem gut, das gibt mir ein gutes Gefühl.» Dass die Lakers im Viertelfinal ausgerechnet auf seinen Heimatklub treffen, macht für ihn keinen grossen Unterschied. «Ein Sieg oder eine Niederlage fühlt sich genau gleich an wie gegen jeden anderen Gegner», so Steinmann.
Mit dem 4:1 am Sonntag verkürzten die Rapperswiler in der Serie auf 1:2, damit meldeten sie sich gegen den Titelverteidiger eindrücklich zurück.