Odermatt mit Machtdemonstration zum Punkte-Rekord
Marco Odermatt sorgt zum Ende seines Traumwinters für einen weiteren historischen Moment. Er gewinnt beim Saisonfinal in Soldeu den Riesenslalom und überbietet den Punkte-Rekord von Hermann Maier.
Marco Odermatt sorgt zum Ende seines Traumwinters für einen weiteren historischen Moment. Er gewinnt beim Saisonfinal in Soldeu den Riesenslalom und überbietet den Punkte-Rekord von Hermann Maier.
Odermatt war stets bemüht, diesen Rekord nicht zum grossen Thema aufzubauschen. Er hatte immer betont, dass diese 2000 Punkte, mit denen Hermann Maier den Winter vor 23 Jahren beendet hatte, viel mehr eine mediale Sache sei, Diskussionsstoff für die Öffentlichkeit.
Für sich selber hatte Odermatt die 2000-Punkte-Grenze bei jeder Gelegenheit als nicht wichtig taxiert. Im Inneren sah es aber etwas anders aus. «Ich merkte in den letzten Tagen, dass ich nervöser war als sonst. Der Kopf oder der Körper wollte den Rekord unbedingt.»
Der Versuch, die Bedeutung der Bestmarke herunterzuspielen, hatte wohl auch etwas von Selbstschutz. Odermatt war bemüht, die Gedanken an diesen geschichtsträchtigen Wert so gut als möglich zu verdrängen, sich auf seine letzte grosse Aufgabe in diesem Winter zu konzentrieren. Er wollte in der Vorbereitung das Gewohnte beibehalten, um für seinen Schlussakt parat zu sein.
2,11 Sekunden Vorsprung
Odermatt war parat – und wie. Er war an diesem Samstag einmal mehr von den ersten Metern weg bereit, fuhr wie von einem anderen Stern und führte das Zwischenklassement mit mindestens 1,09 Sekunden Vorsprung an. Es war Teil 1 eines Auftritts, mit dem der Innerschweizer die Konkurrenz deklassieren sollte. Von Zurückhaltung, die er sich aufgrund der grossen zeitlichen Marge für die eine oder andere Passage vorgenommen hatte, war auch bei seiner zweiten Fahrt nichts zu sehen.
Odermatt liess sich weder von der eingeschränkten Sicht noch von der ramponierten Piste aufhalten – und war am Ende um Welten allein auf weiter Flur. In der Schlussrangliste wies er 2,11 Sekunden Vorsprung vor seinem ersten Verfolger auf, dem Norweger Henrik Kristoffersen.
Zweitbester Schweizer war Thomas Tumler. Der Bündner machte mit Bestzeit im zweiten Lauf elf Plätze gut und schaffte mit Rang 5 sein zweitbestes Ergebnis in einem Weltcup-Riesenslalom. Noch weiter vorne klassiert in einem Weltcup-Riesenslalom war Tumler vor gut vier Jahren in Beaver Creek, Colorado, als er mit Platz 3 verblüfft hatte. Den umgekehrten Weg in Soldeu gingen Loïc Meillard und Gino Caviezel. Meillard rutschte von Rang 5 auf Platz 10 ab, Caviezel von Rang 9 auf Platz 14.
Odermatt steckte seine Pfründe mit diesem neuesten Superlativ nochmals mit aller Vehemenz ab – als wolle er seinen Kontrahenten einen letzten Denkzettel verpassen, als wolle er ihnen mit auf den Weg geben, dass es auch in Zukunft Besonderes braucht, um an seinem Thron rütteln zu können.
Odermatt errang seinen siebten Saisonsieg in einem Weltcup-Riesenslalom und baute damit seine unheimlich anmutende Serie von Podestplätzen ohne Unterbruch in der alpinen Kern-Disziplin auf 17 Rennen aus. Vor zwei Jahren war er zum letzten Mal nach einem Weltcup-Riesenslalom nicht auf dem Podium gestanden. Beim damaligen Finale in Lenzerheide reichte es ihm nur zu Rang 11.
2042 Punkte – 13 Saisonsiege
Die 2042 Punkte fügen sich sehr gut ein in Odermatts an beeindruckenden Zahlen und Fakten reiche Saisonbilanz. Da stehen 13 Weltcup-Siege, mit denen er einen weiteren Rekord einstellte. Er erreichte damit etwas, was nur andere ganz Grosse der Zunft schafften: der Schwede Ingemar Stenmark vor 44 Jahren, Maier vor 22 und dessen Landsmann Marcel Hirscher vor fünf Jahren. Den absoluten Rekord hat, wen wunderts, Mikaela Shiffrin inne. Seit vier Jahren nimmt sie mit 17 Siegen auch in dieser Statistik die Spitzenposition ein.
In Odermatts Bilanz stehen zudem fünfmal Rang 2 und viermal Rang 3, was bei 26 Starts im Weltcup 22 Podestplätze ergibt. Dazu kommen die Kristallkugeln für den Sieg im Gesamt-, im Super-G- und im Riesenslalom-Weltcup. Und da sind natürlich auch die zwei Goldmedaillen für die WM-Titel in der Abfahrt und im Riesenslalom.
2042 von möglichen 2600 Weltcup-Punkten. Das ergibt den irrwitzigen Durchschnitt von 78,5 Punkten pro Rennen. Es ist ein Wert, der Ungläubigkeit zurücklässt – und damit auch die Bedeutung der neuen Bestmarke nochmals aufwertet.