Xi Jinping zementiert Macht: Enge Vertraute in Regierung geholt
Mit der grössten Regierungsneubildung seit zehn Jahren hat Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping seine Macht zementiert.
Mit der grössten Regierungsneubildung seit zehn Jahren hat Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping seine Macht zementiert.
Auf der Jahrestagung des Volkskongresses billigten die knapp 3000 nicht frei gewählten Delegierten am Sonntag in Peking die Berufung weiterer enger Xi-Vertrauter in die neue Regierung und schlossen damit die Umbildung ab. Am Samstag war bereits der langjährige politische Gefährte des Parteichefs, Li Qiang (63), zum neuen Ministerpräsidenten und Nachfolger des scheidenden Li Keqiang (67) gemacht worden, der einem anderen politischen Lager angehört.
Wie erwartet stimmte das Parlament bei seiner jährlichen Sitzung in der Grossen Halle des Volkes auch für die Vorschläge für die Posten der vier Vizepremiers und Kabinettsmitglieder. Geschäftsführender erster Vizepremier wurde der frühere Stabschef und langjährige Xi-Vertraute Ding Xuexiang (60). Der Wirtschaftsexperte He Lifeng (68) soll sich als weiterer Vizepremier um Wirtschaft und Finanzen kümmern. Er übernimmt damit die Rolle des ausscheidenden Liu He (71), der die Handelsgespräche mit den USA geführt hatte.
Neuer Verteidigungsminister wird General Li Shangfu (65), zuletzt einflussreicher Leiter der Waffenentwicklung in der Militärkommission und Chef des bemannten Raumfahrtprogramms. Die USA hatten 2018 – unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump – Sanktionen gegen den General persönlich wie auch gegen seine Abteilung für Rüstungsentwicklung verhängt. Li Shangfu ist wie sein Vorgänger Wei Fenghe der einzige Militärvertreter im chinesischen Kabinett.
Die Berufung weiterer Vertrauter von Xi Jinping in die Regierung stiess auf gemischte Reaktionen. «Es sind Ja-Sager, aber sie sind fähig», sagte Jacob Gunter vom China-Institut Merics in Berlin. «Es könnte eine Echo-Kammer geben, wo es niemanden mehr wie (den scheidenden Premier) Li Keqiang gibt, der in der Lage ist, eine abweichende Meinung zu äussern und andere Perspektiven hinzuzufügen und sich vielleicht für eine moderate Agenda einsetzt.»
Andererseits könne aber auch argumentiert werden, dass ein Kreis enger Vertrauter «ohne Fraktionen» endlich dazu führe, dass es im Führungsteam «ehrliche Diskussion» geben könne, sagte Gunter. Das sei notwendig, um die vielen strukturellen Probleme in der chinesischen Wirtschaft anzupacken. Er neige allerdings eher zu Skepsis und Sorge über die Echo-Kammer, sagte der Merics-Experte.
Überraschend war, dass Xi Jinping wichtige Mitglieder des alten Finanz- und Handelsteams behält. In der ökonomischen Unsicherheit soll damit offenbar das Vertrauen in die Wirtschaft gestärkt werden. So bleibt der 65-jährige Yi Gang, dessen Abberufung erwartet worden war, doch weiter Zentralbankchef. Auch behielten Finanzminister Liu Kun (66) sowie Handelsminister Wang Wentao (58) ihre Posten.
«Es ist eine pragmatische Wahl, weil die neuen Führer professionelle Experten brauchen, um mit komplizierten wirtschaftlichen und finanziellen Herausforderungen umzugehen», sagte Zheng Zhiwei, Chefökonom von Pinpoint Asset Management der Finanzagentur Bloomberg zur Bestätigung der Finanzverantwortlichen. «Die Führung weiss, dass oberste Priorität die Stärkung des Vertrauens ist. Diese Entscheidung ist ein Schritt in diese Richtung.»
Der Volkskongress geht am Montag mit der Billigung der Arbeitsberichte der scheidenden Regierung sowie des Haushalts mit einer starken Erhöhung der Verteidigungsausgaben um 7,2 Prozent zu Ende. Nach dem Ende der strikten Null-Covid-Strategie mit weitreichenden Lockdowns und Zwangsquarantäne im Dezember glaubt die Regierung an eine Erholung der zweitgrössten Volkswirtschaft in diesem Jahr und rechnet mit «rund fünf Prozent» Wachstum.
Xi Jinping hatte sich am Freitag für eine beispiellose dritte Amtszeit als Präsident bestätigen lassen. Schon auf dem Parteitag im Oktober hatte sich der 69-Jährige über bisher respektierte Grenzen für Alter und Amtszeit hinweggesetzt: Der 69-Jährige liess sich eine andauernde Führungsrolle in der Parteiverfassung verankern. Damit könnte er sogar auf Lebenszeit im Amt bleiben. Er knüpft damit an den Staatsgründer und «ewigen Revolutionär» Mao Tsetung (1893-1976) an, der allerdings Chaos über das Land gebracht hatte.