Präsident Constantin setzt Trainer Celestini «eine Woche» ab
In der Liga vier Monate ohne Sieg, der Präsident wieder auf der Trainerbank, Grossverdiener Mario Balotelli als Problemfall, die Zukunft des Klubs ungewiss: Beim FC Sion herrscht wieder einmal Chaos.
In der Liga vier Monate ohne Sieg, der Präsident wieder auf der Trainerbank, Grossverdiener Mario Balotelli als Problemfall, die Zukunft des Klubs ungewiss: Beim FC Sion herrscht wieder einmal Chaos.
Die Meldung, die am Montagmorgen zunächst unbestätigt die Runde machte und schliesslich vom Klub in zwei kurzen Sätzen offizialisiert wurde, überraschte nur noch bedingt, so schräg sie auch war. Nach 22 Spielen in der Super League hat Sions Präsident Christian Constantin wiederum die Nase voll vom Wirken seines Trainers.
Drei Monate nach dem zweimal reaktivierten und schliesslich doch wieder freigestellten Paolo Tramezzani ist auch Fabio Celestini beim launenhaften Patron nicht mehr erwünscht – «für eine Woche» nach aktueller Lesart.
Sechs Spiele gewährte Constantin dem 35-fachen Schweizer Internationalen und ehemaligen Luzern-, Lausanne- und Lugano-Trainer. Sechs Spiele mit zwei Punkten und ohne Sieg. Wobei das Vertrauen schon bei der Anstellung nicht uneingeschränkt war angesichts des bis Ende Saison befristeten Vertrages.
Das 0:4 gegen den FC St. Gallen am Samstag war die eine Niederlage zu viel. Ironischerweise war es zum zweiten Mal der 2017 ohne sportliche Not von Constantin verstossene und in der Ostschweiz gefeierte Peter Zeidler, der das Schicksal eines Sion-Trainers besiegelte.
Bekanntes Muster
Die rasche Entmachtung des Trainers in einer sportlich schwierigen Phase, verkündet mit kreativen Sätzen, die vieles offen lassen, ist ein bekanntes Muster bei Christian Constantins FC Sion. Inklusive Interimslösungen vollzog Constantin in seinen zwei Amtszeiten mehr als 50 Wechsel auf dem Trainerposten.
Weil die Vorgänge im Klub oft intransparent bleiben und die Kommunikation spärlich ist, fällt es schwer, die Historie von Constantins Entlassungen exakt nachzuzeichnen. Manche Trainer wurden faktisch nicht entlassen, sondern «in die Ferien geschickt», mit einer «Ruhepause» oder «Auszeit» belegt, die der Geschasste «nach seinen eigenen Wünschen gestalten kann». Oder dieser wurde mit «anderen Aufgaben im Verein betraut» oder – wie nun Celestini – «für eine Woche abgesetzt».
Abermals erachtet Constantin, ehemaliger Goalie auf gehobenem Amateur-Niveau, sich selbst als den am besten geeigneten Mann im Klub, um die Vakanz auszufüllen. Zum vierten Mal wird der 66-jährige Architekt das Coaching vorübergehend wieder selber übernehmen – auch das ist ein Vorgehen, das im Profifussball Seinesgleichen sucht. Lehren aus früheren Handlungen und Erfahrungen? Fehlanzeige.
Dass der FC Sion eine desaströse Saison erlebt, die Korrekturmassnahmen erfordert, steht ausser Frage. Die Walliser liegen nach 22 Runden der Super League mit ebenso vielen Punkten auf dem 9. Platz, punktgleich mit dem Tabellenletzten Winterthur.
CC und die Schuldfrage
Aber sind wirklich die Trainer das Problem im Klub, der in der Region so viele Herzen höher schlagen lässt? Welchen Anteil haben die teils schwer nachvollziehbaren Handlungen des allmächtigen Präsidenten, der dem FC Sion zwar die Existenz im Profifussball ermöglicht, dessen dann und wann kostspieligen Launen der Klub aber gänzlich ausgeliefert ist?
Und: Wie gut ist die Mannschaft zusammengestellt, für die Constantins Sohn Barthélémy verantwortlich zeichnet? Was bewirkt das eisige Klima in Mannschaft und Klub, für das die Constantins mit ihrer ganz eigenen Interpretation von Leadership sorgen? Wie viel trägt die Verunsicherung aufgrund der wackligen Zukunft bei, die den jüngsten Ankündigungen Constantins zufolge übernächste Saison in der Promotion League und ohne ihn stattfinden wird? Welchen negativen Einfluss hat der fürstlich entlöhnte Mario Balotelli, so romantisch sein Engagement auch daherkommen mag, als Schatten seiner selbst mit den Eskapaden und der standhaft verweigerten Laufbereitschaft?
Es sind Fragen, die sich Christian Constantin bei all seinen Verdiensten für den Klub auch einmal stellen sollte. Um aber das Positive nicht unerwähnt zu lassen: Es sind auch Dinge, die im Schweizer Profifussball selbst dann für Unterhaltung und Gesprächsstoff sorgen, wenn eine Mannschaft an der Spitze der Liga einsam ihre Kreise zieht. Auch Celestinis Fall ist eine Affaire à suivre. Was Constantin nach der einwöchigen Absetzung vorhat, ist nicht bekannt.