Erste Hilfsteams unterbrechen Einsatz – Zahl der Erdbebenopfer steigt
Nach fünf Tagen kräftezehrender Suche nach Überlebenden im Erdbebengebiet in der Türkei und Syrien unterbrechen erste Hilfsteams ihre Arbeit, weil es zu Tumulten gekommen sein soll. In den vergangenen Stunden habe sich nach verschiedenen Informationen die Sicherheitslage in der türkischen Region Hatay geändert, teilten das Technische Hilfswerk (THW), die Hilfsorganisation I.S.A.R Germany und das österreichische Bundesheer am Samstag mit. Die Zahl der bestätigten Toten überschritt derweil die Schwelle von 24 500. Die Trauer ist gross. Auch in Berlin gedachten Menschen der vielen Opfer.
Nach fünf Tagen kräftezehrender Suche nach Überlebenden im Erdbebengebiet in der Türkei und Syrien unterbrechen erste Hilfsteams ihre Arbeit, weil es zu Tumulten gekommen sein soll. In den vergangenen Stunden habe sich nach verschiedenen Informationen die Sicherheitslage in der türkischen Region Hatay geändert, teilten das Technische Hilfswerk (THW), die Hilfsorganisation I.S.A.R Germany und das österreichische Bundesheer am Samstag mit. Die Zahl der bestätigten Toten überschritt derweil die Schwelle von 24 500. Die Trauer ist gross. Auch in Berlin gedachten Menschen der vielen Opfer.
Die Überlebenschancen sind am Tag fünf nach der Naturkatastrophe verschwindend gering. Normalerweise kann ein Mensch höchstens 72 Stunden ohne Wasser auskommen. Hinzu kommen die kühlen Temperaturen. Vereinzelt gab es am Samstag aber noch Wunder-Meldungen.
Den Rettern bereitet nun ein anderer Aspekt Bedenken: Ist die Sicherheit der Helfer noch gewährleistet? «Es gibt zunehmend Aggressionen zwischen Gruppierungen in der Türkei. Es sollen Schüsse gefallen sein», sagte Oberstleutnant Pierre Kugelweis vom österreichischen Bundesheer der Nachrichtenagentur APA.
I.S.A.R-Einsatzleiter Steven Bayer sagte: «Es ist festzustellen, dass die Trauer langsam der Wut weicht.» Tamara Schwarz, Sprecherin der THW-Zentrale in Bonn, sprach von «tumultartigen Szenen». Der Schutz der Ehrenamtlichen stehe jetzt im Vordergrund. Die Teams blieben aber weiter vor Ort. THW und I.S.A.R teilte weiter mit: «Grund dafür scheinen unter anderem die Verknappung von Lebensmitteln und die schwierige Wasserversorgung im Erdbebengebiet.»
Bislang sind im syrisch-türkischen Grenzgebiet mehr als 24 500 Menschen ums Leben gekommen. Allein in der Türkei starben mindestens 21 043, in Syrien mehr als 3553. Fast 85 000 Menschen wurden zudem in den beiden Ländern verletzt. Tausende weitere Todesopfer werden unter den eingestürzten Gebäuden befürchtet.
Am frühen Montagmorgen hatte ein Beben der Stärke 7,7 das Grenzgebiet erschüttert, gefolgt von einem weiteren Beben der Stärke 7,6 am Mittag. Seither gab es bis Samstagmorgen 1891 Nachbeben in der Region, wie die türkische Katastrophenschutzbehörde Afad mitteilte.
Mit Unterstützung internationaler Hilfsteams werden seit Montag Schuttberge abgetragen. Spürhunde sind im Einsatz. Hoffnung gibt den Rettern, dass immer wieder noch Menschen lebend gefunden werden.
In der türkischen Stadt Kahramanmaras wurde ein neun Jahre alter Junge namens Ridban nach rund 120 Stunden in einem eingestürzten Haus gerettet, wie die israelische Armee mitteilte. Den Angaben zufolge ist er nach seinem Vater und seiner 14-jährigen Schwester das dritte Mitglied einer Familie, das von dem israelischen Team geborgen wurde. Seine Mutter sei dagegen tot aufgefunden worden.
In der Stadt Adiyaman wurde Ehepaar nach 129 Stunden befreit. Es muss aber wahrscheinlich den Tod seiner drei Töchter beklagen, wie der staatliche türkische Fernsehsender TRT World berichtete.
In der syrischen Stadt Aleppo haben die Suchteams zuletzt nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur keine Überlebenden mehr gefunden. Aus dem Gebiet dringen nach wie vor nur spärlich Informationen. «Wir bleiben über Nacht auf diesem Bürgersteig und zünden Feuerholz an», sagte Abdu al-Sus der dpa. Er hat aus Stoff ein improvisiertes Zelt für seine Frau und fünf Kinder gebaut. Auch etliche andere Familie übernachten bei eisigen Temperaturen auf der Strasse oder in Autos im besonders betroffenen Osten der Stadt. Etliche warten darauf, dass die Behörden untersuchen, ob ihre beschädigten Häuser noch zu bewohnen sind.
Nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) muss die Hilfe deutlich ausgeweitet werden. «Wir müssen mit grösserer Dringlichkeit und in grösserem Umfang handeln und uns besser organisieren», sagte Richard Brennan, der WHO-Nothilfedirektor für die Region Östliches Mittelmeer am Samstag in Aleppo. Die Toten- und Verletztenzahlen seien immens, was aber oft vernachlässigt werde, seien die vielen Obdachlosen. Allein in Aleppo im von der Regierung kontrollierten Teil Nordwestsyriens haben nach ersten Schätzungen rund 200 000 Menschen das Dach über dem Kopf verloren. Für eine bessere Versorgung der Betroffenen öffnete die Türkei einen Grenzübergang zu Armenien für Hilfslieferungen – trotz einer tiefen Feindschaft zum Nachbarland.
Rund 160 000 Such- und Rettungskräfte sind laut den türkischen Behörden im Einsatz. Aus dem Ausland seien mehr als 7700 Helfer ins Erdbebengebiet geschickt worden.
Für den Transport von Hilfsgütern will Berlin nach Angaben der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey eine Luftbrücke einrichten. «Und es ist gelungen mit vielen, die gespendet haben, (…) dass wir eine Luftbrücke von Berlin in die Türkei bauen, auch in Zusammenarbeit mit der türkischen Botschaft, mit dem Generalkonsulat», sagte die SPD-Politikerin am Samstag bei einem Gedenken an die Erdbebenopfer am Brandenburger Tor.
Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) sprach sich erneut für rasche Einreise-Erleichterungen aus, damit Betroffene des Erdbebens zu Angehörigen nach Deutschland kommen können. Die Bundesregierung hatte eine «pragmatische Lösung» bei der Visa-Vergabe an Überlebende der Erdbebenkatastrophe in Aussicht gestellt.