Scholz für vier Tage in Südamerika
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) setzt bei der Verurteilung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auch auf die Staaten Lateinamerikas. Dieser Krieg sei «ein eklatanter Bruch des Völkerrechts und damit keine rein europäische Angelegenheit», sagte Scholz zu Beginn einer viertägigen Reise nach Argentinien, Chile und Brasilien dem Medienverbund Grupo de Diarios América. «Wer sich über zentrale Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen hinwegsetzt, sägt am Fundament der internationalen Ordnung.»
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) setzt bei der Verurteilung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auch auf die Staaten Lateinamerikas. Dieser Krieg sei «ein eklatanter Bruch des Völkerrechts und damit keine rein europäische Angelegenheit», sagte Scholz zu Beginn einer viertägigen Reise nach Argentinien, Chile und Brasilien dem Medienverbund Grupo de Diarios América. «Wer sich über zentrale Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen hinwegsetzt, sägt am Fundament der internationalen Ordnung.»
Schon mehr als 20 Jahre Verhandlungen über Freihandelsabkommen
Der Krieg in der Ukraine zählt zu den wichtigen Themen der Reise. Scholz brach am Samstagmorgen in die argentinische Hauptstadt Buenos Aires auf. Er will auch versuchen, Bewegung in die stockenden Verhandlungen um ein EU-Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay zu bekommen. Ausserdem geht es um Zusammenarbeit im Energiebereich und begehrte Rohstoffe wie das für die Produktion von Elektroautos wichtige Lithium. Scholz wird von einer Wirtschaftsdelegation begleitet.
Die Wirtschaft dringt seit langem auf das Abkommen zwischen der Europäischen Union und Mercosur. 2019 wurde nach 20 Jahren Verhandlungen eine Grundsatzeinigung erzielt. Trotzdem hakt es noch. Es gibt auf europäischer Seite vor allem Bedenken der Landwirte, die Wettbewerbsnachteile befürchten, und bei Umweltschützern, die sich um den Regenwald im Amazonasgebiet sorgen. Andererseits entstünde ein Markt mit mehr als 700 Millionen Menschen, der fast 20 Prozent der Weltwirtschaft und 31 Prozent der weltweiten Warenexporte abdeckt.
Wirtschaftsverbände machen Druck
Industriepräsident Siegfried Russwurm forderte vom Kanzler, sich für eine schnelle Einigung stark machen. «Wir dürfen die Chance nicht verpassen, eines der wichtigsten Projekte auf unserer bilateralen Handelsagenda umzusetzen», sagte der Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie. Auch der Präsident des Industrie- und Handelskammertags, Peter Adrian, machte Druck. Bei einer weiteren Verzögerung drohten Wettbewerbsnachteile, insbesondere gegenüber den USA und China. «Wir dürfen in unseren wirtschaftlichen Engagements in Lateinamerika jetzt nicht zusätzlich ins Hintertreffen geraten.»
Scholz sagte in dem schriftlich geführten Interview, man unterstütze «sehr die Bemühungen der EU-Kommission mit den Mercosur-Partnern zeitnah eine Einigung zu erreichen». Der Kanzler erhofft sich auch konkrete Ergebnisse im Bereich der erneuerbaren Energien, der Produktion von grünem Wasserstoff und «einem verantwortungsvollen Rohstoffhandel». «Wir suchen Partnerschaften auf Augenhöhe und voller Respekt», betonte er.
Brasilien, Argentinien und Chile verurteilten Angriffskrieg
Der Ukraine-Krieg wird Scholz aber auch in Südamerika nicht loslassen. Bei der Abstimmung in der UN-Vollversammlung über die Verurteilung des russischen Angriffskriegs gehörten Argentinien, Brasilien und Chile zu den 141 Ländern, die mit Ja stimmten. Von den Staaten Lateinamerikas und der Karibik enthielten sich damals nur Bolivien, El Salvador und Kuba.
Der heutige brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva fiel aber im Mai 2022 – einige Monate vor seiner Wahl – mit Kritik am ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auf. «Dieser Typ ist für den Krieg genauso verantwortlich wie Putin», sagte er dem Magazin «Time». «Wir ermutigen diesen Typen – und dann denkt er, er sei das Sahnehäubchen.» Scholz trifft Lula am Montag in Brasilia.
Scholz besucht Lateinamerika früher als Merkel
Der Kanzler besucht Lateinamerika deutlich früher als seine CDU-Vorgängerin Angela Merkel, die sich erst zweieinhalb Jahre nach ihrem Amtsantritt auf dem Kontinent blicken liess. Der SPD-Politiker hat sich vorgenommen, im Zuge der von ihm erklärten «Zeitenwende» die internationalen Beziehungen Deutschlands breiter zu fassen, um neue Abhängigkeiten von einzelnen Ländern wie einst von Russland und seinem Gas zu vermeiden. Deswegen war er schon dreimal in Asien und hat auch schon eine grosse Afrika-Reise hinter sich.
Nach Lateinamerika brach er mit der neuen «Air Force One» von Bundesregierung und Bundespräsident auf. Die «Konrad Adenauer» ist das zweite Flugzeug vom Typ A350-900, das die Flugbereitschaft der Bundeswehr in Dienst gestellt hat. Es ist aber das erste von insgesamt drei Flugzeugen, das die volle VIP-Ausstattung hat – mit Schlafzimmer und Bad sowie einem Lounge-Bereich.
Die «Adenauer» wurde bereits von Bundespräsident Frank-Walter-Steinmeier auf einer Brasilien-Reise über den Jahreswechsel getestet. Jetzt ist Scholz erstmals mit dem 67 Meter langen und 960 Stundenkilometer schnellen Flugzeug unterwegs. Es kann jedes Ziel auf dieser Welt ohne Zwischenlandung erreichen.