Schweres Erbe: Die britischen Royals und die Kolonialvergangenheit
Zig Kinderhände strecken sich durch einen Maschendrahtzaun am Rande eines Fussballfelds in der jamaikanischen Hauptstadt Kingston. Ihnen gegenüber stehen, durch den Zaun von den Kindern getrennt, der britische Prinz William und seine Frau ...
Zig Kinderhände strecken sich durch einen Maschendrahtzaun am Rande eines Fussballfelds in der jamaikanischen Hauptstadt Kingston. Ihnen gegenüber stehen, durch den Zaun von den Kindern getrennt, der britische Prinz William und seine Frau ...
Zig Kinderhände strecken sich durch einen Maschendrahtzaun am Rande eines Fussballfelds in der jamaikanischen Hauptstadt Kingston. Ihnen gegenüber stehen, durch den Zaun von den Kindern getrennt, der britische Prinz William und seine Frau Herzogin Kate. Sie winken und grüssen freundlich, schütteln die eine oder andere Hand.
So herzlich die Begegnung gewesen sein mag, die Bilder davon verstärkten den Eindruck, dass die britischen Royals nur wenig Gespür dafür haben, wie sich das Selbstbewusstsein der Nachfahren von einstigen Sklaven in ihrem früheren Empire entwickelt hat. William und Kate wirkten zwar huldvoll, aber doch distanziert und erhaben über die Untertanen.
William und Kate reisen seit vergangenem Samstag im Auftrag von Queen Elizabeth II. (95) anlässlich deren 70. Thronjubiläums durch mehrere Karibikländer. Die achttägige Reise des wohl künftigen britischen Königs und seiner Frau, die an diesem Wochenende zu Ende geht, war eigentlich als Charmeoffensive gedacht. Nachdem sich die frühere Kolonie Barbados im vergangenen Jahr zur Republik erklärt hatte, geht im Buckingham-Palast die Angst um, das Herrschaftsgebiet der Queen könne immer kleiner werden.
Das scheint nicht ganz unberechtigt: Denn obwohl die Royals in ihren Reisezielen Belize, Jamaika und auf den Bahamas mit viel Wärme empfangen wurden, gab es auch Proteste und kritische Zwischentöne.
Gleich der erste Termin auf einer Kakaofarm in Belize musste wegen Protesten abgesagt werden. Hintergrund war ein Landkonflikt zwischen Anwohnern und einer Naturschutzorganisation, deren Schirmherr William ist. Später gab es immer wieder die gewohnten Bilder von den Royals lachend, scherzend und tanzend mit Menschen in bunten Gewändern. Doch das waren nicht die Bilder, die diese Reise prägten.
In Jamaika, auf dessen Zuckerplantagen früher aus Afrika verschleppte Menschen zu Hunderttausenden schuften mussten, versuchte sich William mit einer Annäherung an das Thema. Er stimme seinem Vater zu, der im vergangenen Jahr in Barbados die Sklaverei als «entsetzliche Grausamkeit, die unsere Geschichte für immer befleckt» bezeichnet habe, sagte der Zweite in der britischen Thronfolge bei einem Staatsbankett. Doch kein Wort der Entschuldigung.
«Die Königsfamilie sagt nicht Entschuldigung», kommentierte Philip Murphy, der das Institut für Commonwealth Studies an der University of London leitet, die Äusserung Williams im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Die Formulierungen seien mit grossem Bedacht gewählt, um nicht Forderungen nach Entschädigungen Tür und Tor zu öffnen, so Murphy. Doch ob dieser zaghafte Ansatz ausreichen wird, um die ehemaligen Kolonien auch in Zukunft an die britische Krone zu binden, scheint zweifelhaft.
In den Augen von Murphy rächt sich nun, dass die Royals mit Williams jüngerem Bruder Harry (37) und dessen Frau Meghan (40) gebrochen haben. Die beiden hätten sowohl durch ihre weniger prominente Rolle im Königshaus als auch durch ihre höhere Glaubwürdigkeit eine wichtige Rolle dabei spielen können, die Royals mit ihren früheren Kolonien zu versöhnen, glaubt er.
Gleich 60 Gründe, warum sich die Krone bei Jamaika entschuldigen und Reparationen leisten solle, trugen Aktivisten der Gruppe Advocates Network bei einer Demonstration vor der britischen Botschaft in Kingston während des Royal-Besuchs vor.
«Wir sehen keinen Grund, den 70. Jahrestag der Besteigung des britischen Throns durch Ihre Grossmutter zu feiern, denn unter ihrer Führung und der ihrer Vorgänger wurde die grösste Menschenrechtstragödie in der Geschichte der Menschheit aufrechterhalten», hiess es in einem offenen Brief an William und Kate, der der Botschaft übergeben wurde.
«Die Monarchie profitiert weiterhin davon, was sie uns angetan hat. Unsere Juwelen sind noch immer in ihren Kronen», sagte Rosemarie Francis-Binder, ein in Deutschland lebendes Mitglied der Aktivistengruppe, der dpa. Für die Queen empfänden viele Jamaikaner zwar Zuneigung, da sie sie als Kinder bewundert hätten. Doch das wandle sich. «Wir haben der Krone so viel gegeben, aber sie haben sich nie für uns eingesetzt», sagte sie.
Zu den Kritikpunkten gehört auch, dass Grossbritannien sich immer wieder damit rühmt, bereits 1834 die Sklaverei abgeschafft zu haben. Verschwiegen wird jedoch oft, dass damit eine massive Entschädigung für Sklavenhalter einherging, an deren Tilgung das Land noch bis 2015 zahlte. Für die ehemaligen Sklaven und ihre Nachfahren gab es bislang jedoch keinen müden Penny.
Eine Abkehr Jamaikas von der Monarchie fordert das Advocates Network nicht. Die könnte dennoch bevorstehen, wie Premierminister Andrew Holness am Mittwoch vor Journalisten andeutete. «Wir ziehen weiter», sagte er, während neben ihm Prinz William mit etwas betretenem Gesichtsausdruck stand und mit dem Kopf nickte. Holness hatte bereits im Dezember gesagt, Jamaika müsse eine Republik werden – wenige Tage, nachdem sich Barbados im Beisein von Thronfolger Prinz Charles und des barbadischen Popstars Rihanna feierlich von der britischen Krone losgesagt und zu einer Republik erklärt hatte.
Der Beitrag Schweres Erbe: Die britischen Royals und die Kolonialvergangenheit erschien zuerst auf Hoefner Volksblatt und Marchanzeiger.