Italien: Amtierender Staatschef wiedergewählt – Parteien gespalten
Nach fast einer Woche Wahl-Spektakel in Rom haben Italiens Volksvertreter das amtierende Staatsoberhaupt Sergio Mattarella für weitere sieben Jahre im Amt bestätigt. Der 80 Jahre alte Sizilianer erzielte dabei das zweitbeste Ergebnis ...
Nach fast einer Woche Wahl-Spektakel in Rom haben Italiens Volksvertreter das amtierende Staatsoberhaupt Sergio Mattarella für weitere sieben Jahre im Amt bestätigt. Der 80 Jahre alte Sizilianer erzielte dabei das zweitbeste Ergebnis ...
Nach fast einer Woche Wahl-Spektakel in Rom haben Italiens Volksvertreter das amtierende Staatsoberhaupt Sergio Mattarella für weitere sieben Jahre im Amt bestätigt.
Der 80 Jahre alte Sizilianer erzielte dabei das zweitbeste Ergebnis für einen Staatschef in der Geschichte des Landes. Die Parteien hatten es zuvor sieben Wahlgänge lang nicht geschafft, einen anderen Kandidaten zu präsentieren, der die nötigen Stimmen erhielt. Am Samstag wussten führende Politiker nicht mehr weiter und einigten sich auf Mattarella. Es sei der einzige Ausweg, um Italien vor dem «Wahnsinn» zu retten, sagte Ex-Regierungschef Matteo Renzi vor dem achten Wahlgang.
Wenige Stunden später stimmten 759 von 1009 möglichen Wahlmänner und -frauen für Mattarella. Präsidenten aus Deutschland, den USA, Frankreich und auch der Papst gratulierten dem Katholiken zur Wiederwahl. Am 3. Februar soll der beim Volk und vielen Politikern beliebte «Presidente» vereidigt werden – dem Tag, an dem seine noch laufende Amtszeit endet.
Am späten Samstagabend äusserte sich Mattarella öffentlich. Die schwierigen Tage der Präsidentenwahl und des gesundheitlichen und wirtschaftlichen Ausnahmezustandes erforderten Verantwortungsbewusstsein und die Beachtung der Entscheidungen des Parlaments, erklärte er. «Diese Bedingungen zwingen dazu, sich den Pflichten, die rufen, nicht zu entziehen.»
Der Jurist und frühere Verfassungsrichter Mattarella geht damit wie sein Vorgänger Giorgio Napolitano in eine zweite Amtszeit. Das ist in Italien eher unüblich. Das Staatsoberhaupt hat wichtige Machtbefugnisse. Es agiert während politischer Krisen, die in Italien nicht unüblich sind, als Lenker. Der Präsident kann das Parlament auflösen und Gesetze sowie Minister ernennen – und auch verhindern.
Mit der Wahl wurde eine Regierungskrise abgewendet. Aber das teils wilde politische Taktieren riss im regierenden Mehrheitsbündnis Wunden. «Das Parlament hat nach einer Woche Wahlzirkus eine erbärmliche Figur abgegeben», sagte die Südtiroler Senatorin Julia Unterberger der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag. Sie war bei der Wahl dabei. «Die Schwierigkeit in Italien ist, dass jede Partei gespalten ist», erläuterte die Politikerin der christdemokratischen Südtiroler Volkspartei. Kein Parteichef habe seine Leute im Griff, ausser Giorgia Meloni von den rechtsextremen Fratelli d’Italia (Brüder Italiens).
Italienische Zeitungen teilten in ihren Sonntagsausgaben Schulnoten an die Parteiführungen aus. Am schlechtesten schnitt in der «La Stampa» und dem «Corriere della Sera» Matteo Salvini von der rechten Lega ab. «Eine tragische Figur. Ein Parteichef in den Fängen eines Spiels, das offensichtlich zu gross für ihn ist», resümierte «La Stampa». Salvini schlug tagelang neue Kandidaten vor, die alle nicht auf Zustimmung trafen. Die Lega teilte am Sonntag mit, im Parteirat die Abläufe der Wahl reflektieren zu wollen. Das Mitte-Rechts-Bündnis aus Silvio Berlusconis Forza Italia, Lega und Fratelli d’Italia gilt mittlerweile als gebrochen.
Besser schnitten nach Meinung der Blätter unter anderem die rechtsextreme Meloni ab, die sich nicht von ihrer Linie abbringen liess, und der Sozialdemokrat Enrico Letta, der mit mehr Geduld agierte und am Ende seinen Parteikollegen Mattarella wie gewünscht im Amt behalten konnte.
Der 80-Jährige ist dem Vernehmen nach fit – anders als Napolitano der seine zweite Amtszeit 2015 mit 89 Jahren vorzeitig aus gesundheitlichen Gründen beendete. «Als sie mich in den Quirinale wählten, war ich besorgt, weil ich wusste, wie anspruchsvoll die Aufgabe war», erzählte Mattarella im Mai 2021 in einer Schule in Rom. In acht Monaten ende seine Amtszeit als Präsident, erklärt er damals, offensichtlich mit Vorfreude auf den Ruhestand. «Ich bin alt, in ein paar Monaten werde ich mich ausruhen können.»
Eigentlich sass der Sizilianer schon auf gepackten Umzugskisten und wollte wieder nach Palermo, von wo er herstammt. Der Vater dreier Kinder liess vor der Wahl deutlich durchblicken, dass er keine zweite Amtszeit will. Gespräche unter anderem mit Ministerpräsident Mario Draghi schienen ihn schliesslich umgestimmt zu haben.
In der Nacht zu Sonntag brachte eine bekannte Street-Art-Künstlerin nach eigenen Angaben nahe des Quirinalspalastes in Rom, wo der Staatschef residiert, ein Poster an. Darauf ist Mattarella abgebildet, wie er einem Umzugswagen hinterherläuft und ruft: «Halt, kehrt um!»
Der Beitrag Italien: Amtierender Staatschef wiedergewählt – Parteien gespalten erschien zuerst auf Hoefner Volksblatt und Marchanzeiger.