Grüne wollen keine strengere Regel zu Trennung von Amt und Mandat
Die Grünen haben auf ihrem Parteitag über die Rolle der Basis auch angesichts steigender Mitgliederzahlen gestritten. Ein Antrag über eine striktere Trennung von Parteiamt und Mandat wurde allerdings abgelehnt. Auf einen Kompromiss ...
Die Grünen haben auf ihrem Parteitag über die Rolle der Basis auch angesichts steigender Mitgliederzahlen gestritten. Ein Antrag über eine striktere Trennung von Parteiamt und Mandat wurde allerdings abgelehnt. Auf einen Kompromiss ...
Die Grünen haben auf ihrem Parteitag über die Rolle der Basis auch angesichts steigender Mitgliederzahlen gestritten. Ein Antrag über eine striktere Trennung von Parteiamt und Mandat wurde allerdings abgelehnt. Auf einen Kompromiss einigten sich die Grünen in der Frage, wie viele Mitglieder einen Antrag unterstützen müssen, damit er auf einem Parteitag behandelt wird. Wer bei Parteitagen eine Idee durchsetzen will, muss dafür künftig mehr Mitstreiter mobilisieren als bisher. Im Mittelpunkt des zweiten Tages der Veranstaltung steht ein Führungswechsel an der Parteispitze.
Als wahrscheinliche Nachfolger der bisherigen Parteivorsitzenden und jetzigen Bundesminister Annalena Baerbock und Robert Habeck gelten die Parteilinke Ricarda Lang und der Realo Omid Nouripour. Gewählt werden ausserdem der Bundesvorstand, der Parteirat und andere Gremien. Die Wahlen müssen in der Folge noch per Brief bestätigt werden.
In der Nacht zum Samstag entschieden die Delegierten, nicht zu einer bis 2003 geltenden Regel zurückkehren, die eine noch striktere Trennung von Parteiamt und Mandat vorsah als heute. Ein entsprechender Antrag, der verhindert hätte, dass Abgeordnete gleichzeitig Mitglied im Bundesvorstand sind, erreichte nicht die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit. Hätten sich die Antragsteller durchgesetzt, dann hätte das die für Samstagnachmittag geplante Abstimmung über die Kandidatur der beiden Bundestagsabgeordneten Lang und Nouripour für den Parteivorsitz verhindert.
Nun gilt weiterhin, dass maximal zwei von sechs Vorstandsmitgliedern Abgeordnete sein dürfen. Mitglieder des Bundesvorstandes dürfen zudem grundsätzlich nicht Fraktionsvorsitzende sein. Erlangen Mitglieder des Bundesvorstandes ein solches Amt, haben sie eines der Ämter in einer Übergangsfrist von acht Monaten niederzulegen.
Auf einen Kompromiss einigte man sich schliesslich in der Frage, wie viele Mitglieder einen Antrag unterstützen müssen, damit er auf einem Grünen-Parteitag behandelt wird. In Zukunft braucht es dafür mindestens 50 Parteimitglieder. Bislang genügten für die Stellung eines Parteitagsantrags 20 Mitglieder. Rund drei Viertel der Delegierten votierten beim Online-Parteitag für die Satzungsänderung.
Was einige Mitglieder als Frontalangriff auf die Basisdemokratie empfinden, schafft nach Einschätzung derjenigen, die sich bei den zurückliegenden Parteitagen bemüht hatten, die vielen Anträge zu bündeln, mehr Raum für die wirklich wichtigen Debatten.
Der Bundesvorstand hatte ursprünglich noch ein höheres Quorum erreichen wollen, das sich mit wachsender Mitgliederzahl automatisch weiter erhöht. Dennoch warb der scheidende Parteichef Habeck dann für die moderatere Verschärfung, die am Ende zur Abstimmung stand: «Die Partei, der Parteitag, weiss genauer, worüber er debattiert und abstimmt, und nicht alles verschwimmt im grauen Kuddelmuddel.»
Der Bundesvorstand hatte bereits mehrfach versucht, das Quorum zu erhöhen. Die bisherige Regelung stamme aus der ersten Satzung von 1980 und habe mit dem Wachstum der Partei nicht Schritt gehalten, hatte der Vorstand argumentiert. «Damals hatten wir knapp über 20 000 Mitglieder, jetzt über 125 000.»
Hintergrund waren zuletzt Erfahrungen beim Parteitag im Juni, vor dem die Parteiführung damit beschäftigt war, Kompromisslösungen für zunächst mehr als 3300 Änderungsanträge zum Bundestagswahlprogramm zu finden. Bei den Grünen gilt diese Überlastung als einer der Gründe für Fehler im Wahlkampf. Die scheidende Parteichefin Baerbock rief den Online-Delegierten zu: «Das ist keine Basisdemokratie, sondern das ist Scheinbeteiligung.»
Delegierte, die sich gegen die Pläne des Vorstands positionierten, fürchteten um Beteiligungsmöglichkeiten gerade für noch weniger gut vernetzte Neumitglieder und um den Grundsatz der Basisbeteiligung.
Bundesschatzmeister Marc Urbatsch räumte im Rückblick Fehler bei der Genehmigung von Corona-Boni durch den Parteivorstand – auch an seine eigenen Mitglieder – ein. «Klar ist: Mit dem Wissen von heute würden wir solch einen Beschluss nicht mehr fassen», sagte Urbatsch bei der Vorstellung des Partei-Haushalts. «Parteiinterne Kritik daran ist nachvollziehbar und berechtigt.»
Vor kurzem war bekannt geworden, dass die Berliner Staatsanwaltschaft wegen des Anfangsverdachts der Untreue gegen den gesamten Bundesvorstand der Grünen ermittelt. Den Bonus in Höhe von 1500 Euro pro Person bekamen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Grünen-Bundesgeschäftsstelle im vergangenen Winter. Er sollte Belastungen ausgleichen, die durch die Arbeit im Homeoffice und den Umbau des Gebäudes entstanden.
Der scheidende Bundesvorstand, zu dem auch Urbatsch gehört, fasste damals den Beschluss, von dem auch er selbst profitierte. Die Berichterstattung über die Ermittlungen gegen den Vorstand habe «uns allen geschadet», sagte Urbatsch. Auch parteiinterne Rechnungsprüfer hatten den Vorgang beanstandet. Der Vorstand hat die Boni inzwischen zurückgezahlt, die Regeln wurden geändert. Der scheidende Bundesvorstand unter Vorsitz von Baerbock und Habeck wurde am Ende entlastet – auch wenn sich die Vorbehalte vieler Online-Delegierter im Stimmergebnis zeigten. 449 von ihnen stimmten für die Entlastung, 111 dagegen, 70 enthielten sich.
Der Beitrag Grüne wollen keine strengere Regel zu Trennung von Amt und Mandat erschien zuerst auf Hoefner Volksblatt und Marchanzeiger.